Flucht oder Angriff
— Die Urinstinkte in uns —
Erkennen der Urinstinkte
Foto: Arne Drescher
Die Urinstinkte in uns
In meiner Serie "Das Hasen-Prinzip" schreibe ich über das Thema Mitarbeiterbindung bzw. Fluktuationsprävention. Der Vergleich ist bewusst so gewählt. Natürlich haben wir mehr als nur die Instinkte von großen Nagetieren. Dennoch sind in uns Menschen die Urinstinkte wie Flucht und Angriff tief verwurzelt. Die Hasen selbst tendieren eher zu der Flucht, anstatt in den Angriff über zu gehen. Hier sehen wir Lilly, die angesichts der unbekannten Kamera gerade überlegt zu flüchten. Die Option Angriff kommt insbesondere dann zum tragen, wenn z.B. ihre Kinder in Gefahr sind. Auch die Gründe für die Entscheidung von Mitarbeitern das Unternehmen zu verlassen sind unterschiedlich und könnten eine Fluchtreaktion sein. So z.B. die Angst vor dem Arbeitsplatzverlust oder ein verlorener "Kampf" um einen Rang.
— Die Praxis —
Flucht oder Angriff im Arbeitsalltag
Neben der strategischen und sozialen Überlegung in unserem
Handeln kehren wir in Konflikten oder Gefahrensituationen unbewusst in unser
urinstinktliches Handeln zurück. Nach den beiden Optionen: Flucht oder Angriff,
entscheiden wir in einer Verhandlung nachzugeben oder vielleicht unbewusst in
den Angriff über zu gehen. Der Mitarbeiter, der bei einer Gehaltsverhandlung
mit der Kündigung droht anstatt mit Verweis auf seine Leistung Argumente zu
bringen, dass er sein Geld wert ist. Eine Führungskraft die mit Degradierung
oder Kündigung droht, weil er sich angegriffen fühlt. Aber warum ist das
so?
Im Fokus der Reaktion ist die vorangegangene
Aktion. Durch ein Verhalten hat eine Person die andere Person in Angst
versetzt. Das kann passieren durch: Verlust der Stellung in der Gruppe,
Ausschluss aus der Gruppe oder ein persönlicher Angriff. Übersetzt bedeutet dies:
Kündigung, Degradierung, Verlust des Ansehens im Unternehmen oder das
Sanktionieren in Form Entzug von Privilegien. Weiter ist der Rang der beiden
interagierenden Personen wichtig. Steht die eine Person der anderen gegenüber
höher, will derjenige seinen Stand wahren und fühlt sich vielleicht schon bei
einem dominanten Verhalten des gegenüber angegriffen. Wenn wir Angst verspüren
oder uns angegriffen fühlen handeln wir nicht mehr rational, zumindest nicht
immer. Es kann den Menschen innerlich aufwühlen oder eben zu unüberlegten
Handlungen führen. Wie können wir dieses Wissen für uns nutzen?
Bewusst
mit den Urinstinkten umgehen
Wer sich bewusst macht, dass diese
urinstinktlichen Handlungsweisen in uns stecken, kann dies nutzen. Wenn ich in
ein eskaliertes Projekt geschickt wurde habe ich als erstes das wichtigste
getan, was man als Projektleiter in dieser Situation tun kann: nichts. Ich habe
in den Meetings zugehört, keinen Gegenangriff gemacht und gewartet bis sich der
gegenüber beruhigt hat. Wir sind so aus der Angriffsstrategie hin zu einem
vernünftigen Gespräch gekommen. Wenn Sie in einer solchen Situation
aufgefordert werden etwas zu sagen, dann antworten Sie ruhig, leise und
sachlich. Erkennen Sie also ob jemand im Angriffsmodus ist und vielleicht auch
warum. Die meisten Kunden haben ein Projekt eskaliert, weil sie das Projekt als
gescheitert ansehen und unzufrieden sind. Der Misserfolg würde auf sie
zurückfallen. Selten wird wortlos gekündigt, sondern es wird in den Angriff
übergegangen. Nur der nutzt ja niemanden. Wenn ich in der Situation nachgegeben
hätte, hätten beide Seiten verloren. Zurück zu einer Sachlichen Ebene konnte
ich die Gründe für z.B. eine Verzögerung erklären. Weiter habe ich dann wieder
ein Ziel aufgebaut. Im Zweifel eben zwei Projekte, das Eine zum gewünschten
Zeitpunkt und das Folgende zum gewünschten Umfang. Für Sie in der
Personalarbeit sind die Konflikte ggf. ähnlich. Es gibt Konflikte zwischen
Führungskräften und Mitarbeitern die bereits im Angriffsmodus laufen. Hier ist
die Rolle des Mediators wichtig. Dieser führt die Konfliktparteien zurück in
den sachlichen Modus. Vielleicht suchen Sie nach solchen ruhigen Typen im
Unternehmen. Das muss auch keine Führungskraft sein. Weiter habe ich die
Erfahrung gemacht, dass Konflikte unter gleichen Geschlechtern oft durch die
reine Anwesenheit des anderen Geschlechts deeskaliert werden können. Versuchen Sie etwas Neues.
— Fluktuationsprävention—
Urinstinkten entgegenwirken

Zeichnung: Arne Drescher
Fluktuationsprävention
Neben der Deeskalation im Arbeitsalltag hilft das Wissen um Flucht oder Angriff auch bei der Bindung Ihrer Mitarbeiter. Wenn sich im Unternehmen Gerüchte verbreiten, dass z.B. ein Produkt nicht weiterentwickelt wird, haben die betroffenen Mitarbeiter Angst, dass sie ihren Arbeitsplatz verlieren. Sie flüchten dann in vermeidlich sichere Anstellungsverhältnisse. Steuern Sie mit einer guten Unternehmenskommunikation dagegen. Wenn etwas an den Gerüchten dran ist, erklären Sie wie es für die Mitarbeiter weiter geht und wenn nicht, dementieren Sie begründet diese Gerüchte. Erhöhen Sie Ihren Zaun um gute Mitarbeiter im Unternehmen zu halten.
Also machen Sie sich bewusst, dass Angst oder Flucht ein Teil von uns ist und sind Sie gespannte wie oft Sie dieses Verhalten wiederfinden. Viel Spaß dabei.
Ihr Arne Drescher